Реферат по предмету "Иностранные языки"


FRIEDRICH SCHILLER - KABALE UND LIEBE Analyse/Zusammenfassung/Interpretation/

FRIInterpretation Zusammenfassung 1.AKT1. und 2.Szene Dicke Luft bei Millers Die Zuschauer werden am Beginn des 1.Akts ohne jede Einleitung mit einem Streitgesprach konfrontiert, das offensichtlich schon eine Weile in Gang ist. Einmal fur allemal, sagt der Stadtmusikus


Miller zu seiner Frau, die noch im Nachthemd ihren Kaffee schlurft. Der Handel wird ernsthaft. Meine Tochter kommt mit dem Baron ins Geschrei. Mein Haus wird verrufen. Der Prasident bekommt Wind, und kurz und gut, ich biete dem Junker aus. Noch wei das Publikum nicht genau, welches Problem den Musikus qualt, aber schon bald werden die


Zusammenhange klarer Nehmen kann er das Madel nicht, der Baron namlich, Vom Nehmen ist gar keine Rede nicht, und zu einer da Gott erbarm Guten Morgen I1 Miller spricht in Andeutungen, aber man ahnt, welche Fortsetzung der elliptische Satz haben sollte Zu einer Matresse ist ihm seine Tochter zu schade. Stadtmusikus


Miller ist fest entschlossen, der Liaison zwischen dem Baron und seiner Tochter ein Ende zu setzen. Er wird zum Prasidenten, dem Vater des Barons, gehen und wird ihm die Sache verraten Dero Her Sohn haben ein Aug auf meine Tochter meine Tochter ist zu schlecht fur dero Herrn


Sohnes Frau, aber zu dero Herrn Sohnes Hure ist meine Tochter zu kostbar und damit basta Ich heie Miller. I1 Die Frau des Musikus sieht die Sache anders. Sie versucht Miller zu beruhigen. Ihm konne man doch keinen Vorwurf machen. Und seinem Verdacht, dem Baron von Walter ginge es hauptsachlich darum die


Tochter zu verfuhren, setzt sie entgegen Solltest nur die wunderhubschen Billetter auch lesen, die der gnadige Herr an deine Tochter als schreiben tut. Guter Gott Da sieht mans ja sonnenklar, wie es ihm pur um ihre schone Seele zu tun ist. Sie wei auch die Prasenter des Barons zu schatzen. Miller ist aber nicht umzustimmen. Was seine Frau vorbringt, erscheint ihm lacherlich, dumm und eitel.


Eine weitere Figur tritt auf Wurm, der Sekretar des Prasidenten, betrachtet sich offensichtlich als Luises kunftiger Brautigam. Aber seinem Ansinnen widersetzt sich nicht nur Frau Miller, die den Sekretar rundheraus wissen lasst, dass halt der liebe Gott meine Tochter barrdu zur gnadigen Madam will haben, sondern auch


Miller selbst, dieser allerdings aus anderen Grunden. Wurm bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass der Vater die Tochter uberreden wird, den Sekretar zu heiraten, aber Miller halt dies fur ein Zeichen mangelnder Courage. Ein Liebender, der nicht im Stande ist seine Interessen bei der geliebten


Frau selbst zu betreiben, ist fur ihn ein Hasenfu, fur den keine Luisen gewachsen sind. Gekrankt verlasst Wurm Millers Haus. Er wei jetzt von der Verbindung zwischen Ferdinand von Walter und Luise Miller und sieht seine eigenen Aussichten auf Luise erheblich geschmalert. Das wird sich noch rachen.


3.Szene Die Heldin tritt auf und spricht nur von ihrer unbedingten Liebe In der 3.Szene stellt Schiller die weibliche Hauptfigur vor. Sie kommt von der Kirche. Offen spricht sie vor ihren Eltern von ihrer heftigen Liebe zu Ferdinand von Walter. Als ich ihn das erstemal sah und mir das Blut in die


Wangen stieg, froher jagten alle Pulse, jede Wallung sprach, jeder Atem lispelte Er ists Damals o damals ging in meiner Seele der erste Morgen auf. Tausend junge Gefuhle schossen aus meinem Herzen, wie die Blumen aus dem Erdreich, wenns Fruhling wird. ich wute von keinem Gott mehr, und doch hatt ich ihn nie so geliebt. In dieser fur den


Sturm und Drang so typischen emotional-bildhaften Sprache wird dem Zuschauer die Absolutheit dieser Liebe klar. In diesem scheinbar paradoxen Bild ich wute von keinem Gott mehr, und doch hatt ich ihn nie so geliebt druckt sich jene Sakralisierung der Liebe aus, die im Zeitalter der Empfindsamkeit verbreitet war. Man denke in diesem


Zusammenhang an Goethes Werther. Im Liebeserlebnis offenbart sich das Gottliche. Luise ist allerdings nicht so naiv wie ihre Mutter, die darauf hofft, dass es zwischen ihrer Tochter und Ferdinand von Walter tatsachlich zu einer ehelichen Verbindung kommen konne. Lusie spricht die Schranken des


Unterschieds, die verhaten Hulsen des Standes an. Sie wei, dass sie Ferdinand fur dieses Leben entsagen muss. Dazu ist sie bereit, weil sie auf eine andere Welt hofft, in der die prachtigen Titel wohlfeil werden, wenn Gott kommt, und die Herzen im Preise steigen. Ich werde dann reich sein. 4.Szene Und jetzt kommt der Held und sagt zunachst einmal


Du bist bla, Luise Auch fur Ferdinand ist die Liebe zu Luise ein absolutes Gefuhl, das keinerlei Einschrankungen erduldet. Im Gegensatz zu Miller und Luise sieht Ferdinand in der standischen Zugehorigkeit kein unuberwindliches Hindernis La doch sehen, ob mein Adelsbrief alter ist als der Ri zum unendlichen Weltall oder mein


Wappen gultiger als die Handschrift des Himmels in Luisens Augen Ich furchte nichts- nichts als die Grenzen deiner Liebe. 7. Prasidenten daruber, dass sein Sohn Ferdinand eine Beziehung zu Luise Miller unterhalt.


Der Prasident ist nicht beunruhigt. Er ist davon uberzeugt, dass Ferdinand die Burgerkanaille nur mit schonen Worten und Geschenken dazu bringen will, mit ihm zu schlafen. Dies sei verstandlich und zeige, falls die Liaison mit einem Kind abgeschlossen wird, dass er seine Sache versteht. so trink ich auf die guten


Absichten meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr, und bezahle die Skortationsstrafe fur seine Dirne. Von einer legitimen Verbindung zwischen Ferdinand und Luise kann naturlich fur den Prasidenten gar keine Rede sein. Er hat mit seinem Sohn ganz andere Eheplane. Ferdinand soll Lady Milford heiraten.


Sie ist die Matresse des Fursten, und durch diese gunstige Verbindung hofft Prasident von Walter, auf alle Zeiten die Gunst des Fursten fur sich und seine Familie zu sichern. Damit an dieser Verbindung nicht mehr der geringste Zweifel gelassen wird, wird der dummlich-geschwatzige


Hofmarschall von Kalb beauftragt, die Neuigkeit in der ganzen Stadt zu verbreiten. 7.Szene Der Vater-Sohn-Konflikt Prasident von Walter unterschatzt die Widerstandskraft seines Sohns. Alle Aussichten auf eine groe Karriere bei Hofe haben fur Ferdinand keinen Wert, und den Befehl des Vaters, sich bei


Lady Milford einzufinden und formlich um ihre Hand anzuhalten, beantwortet Ferdinand so Ja, ich will zu ihr will hin will ihr Dinge sagen, will ihr einen Spiegel vorhalten Nichtswurdige und wenn du auch noch dann meine Hand verlangst Im Angesicht des versammelten Adels, des Militars und des Volks Umgurte dich mit dem ganzen


Stolz deines Englands Ich verwerfe dich ein deutscher Jungling. 2.AKT1 3.Szene Lady Milford das gar nicht stereotypes Bild einer Matresse Das Publikum kennt Lady Milford bisher nur aus Gesprachen. Nun bringt sie der Autor auf die Buhne und revidiert schrittweise das Vorurteil, das die meisten von der Matresse des Herzogs vermutlich haben.


Im Gesprach mit ihrem Kammermadchen macht Lady Milford aus ihrer Abneigung gegen die Menschen bei Hof, ja sogar aus ihrer Distanz zum Herzog kein Geheimnis. Von schlechten, erbarmlichen Menschen spricht sie II1, von Leuten, deren Seelen so gleich als ihre Sackuhren gehen. Der Herzog scheint ihr ohne jedes schone


Gefuhl zu sein. Ihre sinnlichen und materiellen Wunsche werden zwar rundherum zufrieden gestellt , aber ihr Herz hungert bei all dem Vollauf der Sinne. Lady Milfords Zukunftshoffnung ist Major Ferdinand von Walter. Geschickt hat sie die kunftige eheliche Verbindung mit ihm in die Wege geleitet. Was die anderen Beteiligten - der Herzog, der


Prasident, der Hofmarschall - fur eine pfiffige Hofkabale halten, ist in Wahrheit ein Herzenswunsch Lady Milfords. Sie liebt Ferdinand von Walter. Bevor Schiller die Lady mit Ferdinand direkt konfrontiert, schiebt er noch die beruhmte Kammerdiener-Szene ein, in der der Autor scharfe Zeitkritik ubt. Ein Kammerdiener bringt Lady Milford auf


Befehl des Herzogs wertvolle Brillanten. Auf die Frage, was der Herzog fur diese Steine bezahle, antwortet der Kammerdiener Sie kosten ihm keinen Heller. Lady Milford muss erfahren, dass dieser Luxus, der ihr zugedacht ist, durch den Verkauf von jungen Mannern an die englische Armee finanziert wird. Sie werden zwangsrekrutiert, um in


Amerika gegen die Aufstandischen zu kampfen. Anschaulich schildert der Kammerdiener, dessen Sohne auch zu den Rekruten zahlen, das menschliche Elend. Wer sich auch nur mit Worten gegen die Zwangsrekrutierung wehrte, wurde niedergeschossen, heulende Kinder liefen hinter ihren abmarschierenden Vatern her, Brautigam und Braut wurden mit Sabelhieben auseinander gerissen.


Lady Milford ist entsetzt uber das Elend, das der Herzog hinter ihrem Rucken und auch zu ihren Gunsten unter seinem Volk anrichtet. Sie will dafur sorgen, dass wenigstens die Sohne des Kammerdieners zuruckgeholt werden. Den Schmuck will sie verwenden um vierhundert Menschen zu helfen, die kurzlich durch einen Brand in


Not geraten sind. Ferdinand von Walter kommt zu Lady Milford ausschlielich auf Befehl seines Vaters, sagt er, und die Lady ahnt wohl schon nach den ersten Satzen, dass diese Unterredung nicht das Ergebnis bringen wird, das sie sich wunscht. Ferdinand ist sehr offen. Er denkt gar nicht daran


Lady Milford zu heiraten, halt ihr ihr Dasein als Matresse vor und macht sie mitverantwortlich fur die wachsende Ausbeutung und Unterdruckung des Volkes. Lady Milford erzahlt Ferdinand von Walter daraufhin ihre Lebensgeschichte Sie stammt aus einem alten englischen Adelsgeschlecht, dessen Guter der Krone zufielen, weil der


Vater verraterischer Beziehungen mit Frankreich bezichtigt wurde. Die Familie wurde des Landes verwiesen, die Lady kam als junges Madchen fast mittellos nach Deutschland und wurde dort aufgrund dieser Umstande zur Favoritin des Herzogs. An zahlreichen Beispielen kann Lady Milford nachweisen, dass ihr Einfluss auf den


Herzog vielen Menschen genutzt hat. Dass sie dadurch Leid verhindert, nicht bewirkt hat. Ferdinand hat durch diese Schilderung sein Bild von Lady Milford korrigiert und er bittet die ungluckliche Frau um Vergebung fur seine ungerechtfertigten Vorwurfe, aber an seinem Entschluss, sich der geplanten Heirat zu widersetzen, andert dies nichts.


4 7.Szene Szenenwechsel Bei Millers ist der Teufel los Fur die Familie Miller wird die Lage bedrohlich. Der Prasident hat ja mittlerweile von der Liebe seines Sohns zu Luise erfahren, und man wei, dass er alle denkbaren Mittel dagegen einsetzen wird. Ferdinand versichert


Luise seiner unbedingten Treue. Der Augenblick, der diese zwo Hande trennt, zerreit auch den Faden zwischen mir und der Schopfung. II5. In der 6. und 7. Szene setzt Schiller einen Handlungshohepunkt, indem er die Hauptbeteiligten am Konflikt in der Stube des Musikus Miller zusammenfuhrt.


In dieser Szene erweist sich Schiller wieder einmal als Gromeister der Kommunikationspsychologie und der dramatischen Steigerung. Diese Szenen sollen daher etwas genauer analysiert werden Ferdinand, Luise und das Ehepaar Miller werden in Millers Haus von einem unerwarteten Besuch des Prasidenten uberrascht.


Nachdem sich Prasident von Walter uber die Identitat der Anwesenden Klarheit verschafft hat, spricht er Luise direkt an Wie lang kennt sie den Sohn des Prasidenten Luise durchschaut die Doppelbodigkeit in dieser Formulierung und weist die indirekte Unterstellung, es gehe ihr um den sozialen Rang des


Geliebten, zuruck, indem sie antwortet Diesem habe ich nie nachgefragt. Ferdinand von Walter besucht mich seit dem November. Ferdinand erganzt Betet sie an. Erhielt sie Versicherungen, will der Prasident wissen und Ferdinand antwortet anstelle Luises Vor wenigen Augenblicken die feierlichste im Angesicht


Gottes. Immer wieder schaltet sich nun Ferdinand in das Gesprach ein, bekraftigt und erganzt, was Luise auf die Fragen des Prasidenten antwortet. Die ohnedies schon gespannte Kommunikationssituation wird noch verscharft, indem der Prasident Luise fragt, ob sie von seinem Sohn nicht jederzeit bar bezahlt worden ist, da doch jedes


Handwerk seinen goldenen Boden habe, oder wars Ihr vielleicht mit dem bloen Verschlu gedient Dieses einigermaen frivole Bild verstehen alle und reagieren entsprechend. Ferdinand verlangt Ehrfurcht vor Luises Tugend, was der Vater hohnisch zuruckweist. Luise sagt Herr von Walter, jetzt sind Sie frei und Musikus Miller kann die Unterstellung, seine


Tochter betatige sich als Prostituierte, nicht auf sich sitzen lassen. Das burgerliche Selbstwertgefuhl emport sich gegen die Anmaung des Aristokraten mit Buhlschaften dien ich nicht. Solang der Hof da noch Vorrat hat, kommt die Lieferung nicht an uns Burgersleut Euer Exzellenz schalten und walten im Land.


Das ist meine Stube den ungehobelten Gast werf ich zu Tur hinaus Halten zu Gnaden. Der Konflikt eskaliert also. Prasident von Walter will seine Machtposition zur Ganze ausnutzen Vater ins Zuchthaus an den Pranger Mutter und Metze von Tochter Gerichtsdiener treten auf.


Ferdinand ist aber nicht bereit, dem Treiben seines Vaters tatenlos zuzuschauen. Als alle anderen Mittel versagt haben, greift er zum Auersten. Kein menschliches Mittel lie ich unversucht ich mu zu einem teuflischen schreiten Ihr fuhrt sie zum Pranger fort, unterdessen zum Prasidenten ins Ohr rufend erzahl ich der Residenz eine Geschichte, wie man


Prasident wird. Diese Drohung wirkt. Noch einmal kann Ferdinand die Katastrophe von Luise und ihrer Familie abwenden retardierendes Moment. 3.AKT1. und 2. Szene Wie man eine Kabale spinnt- und Tragisches mit Komischem vermischt Prasident von Walter hat die Entschlossenheit seines Sohns unterschatzt. So ist er in eine unangenehme


Situation geraten. Wenn seine Plan mit Lady Milford nicht aufgeht, ist sein Einfluss bei Hofe bedroht. Versucht er Ferdinand zu dieser Heirat zu zwingen, besteht die Gefahr, dass Ferdinand der Residenz tatsachlich eine Geschichte erzahlt, wie man Prasident wird namlich durch heimtuckische Ermordung eines


Mitbewerbers um dieses Amt. Sekretar Wurm, der bekanntlich seine personlichen Interessen am Fall Luise Miller hat, wird nun zum teuflischen Berater und Helfer. Psychologisch und logistisch geschickt entwickelt er das Konzept fur eine Intrige. Davon uberzeugt, dass der malos Liebende auch malos eifersuchtig wird, wenn er sich betrogen glaubt, will


Sekretar Wurm, der hier naturlich seinem Namen alle Ehre macht, Luise bei Ferdinand von Walter in den Verdacht der Untreue bringen. Das Mittel dazu soll ein Liebesbrief von Luise an einen anderen Mann sein, und Wurm wei auch schon, wie er Luise dazu bewegen kann, diesen Brief zu schreiben.


Sie hangt sehr an ihrem Vater. Man wird Miller einsperren und Luise mitteilen, dass er nur dann dem Schafott entgehen konne, wenn sie sich auf das uble Spiel des Sekretars einlasst. Damit Ferdinand nicht die Wahrheit erfahrt, muss Luise einen Eid schworen, ihm gegenuber die Echtheit des Briefs zu bestatigen. Was wird ein Eid fruchten,


Dummkopf wendet der Prasident gegen den Plan ein, aber Wurm entgegnet Nichts bei uns, gnadiger Herr. Bei dieser Menschenart alles. Wurm wei, dass fur ein wohlerzogenes burgerliches Madchen wie Luise ein Eid absolut bindend ist. Die moralische Uberlegenheit des Burgertums gegenuber der hofischen


Welt, im Burgerlichen Trauerspiel mehrmals thematisiert, ist auch hier erkennbar. Zu Luises fiktivem Liebhaber wird Hofmarschall von Kalb ausgewahlt. In der 2.Szene des 3.Akts uberzeugt ihn Prasident von Walter davon, dass dies auch fur ihn die einzige Moglichkeit ist, seine Position am Hof zu behaupten, da er ja das


Gerucht von der Verheiratung der Lady mit Ferdinand uberall herumerzahlt hat und im Falle des Scheiterns als Lugner dastehen wurde. Der Hofmarschall wird von Schiller satirisch gezeichnet der tragische Grundton des Stucks wird von einer komischen Szene unterbrochen. Die Vermischung der Stilebenen, die in der klassizistischen


Asthetik des 17. und 18.Jhs. abgelehnt wurde, wird hier zum bewusst eingesetzten Stilmittel. Der Einfluss Shakespeares auf die junge Dramatikergeneration des 18. Jhs. ist deutlich erkennbar. Am Beispiel des Hofmarschalls zeigt Schiller die Oberflachlichkeit und Dummheit des Hoflebens. Die Geschichte, warum er und ein gewisser von


Bock Todfeinde geworden sind, hat geradezu kabarettistische Qualitat. Am Ende der Szene ist Hofmarschall von Kalb trotz seiner Bedenken wegen des Standesunterschieds dazu bereit, Luises angeblichen Liebhaber zu simulieren. 4. Szene Hintergrunde einer zertrummerten Violine Ferdinand ist nach wie vor entschlossen, seiner


Liebe zu Luise nicht zu entsagen. Er schlagt ihr vor, mit ihm zu fliehen. Ferdinand fuhlt sich dazu berechtigt, seinem Vater Geld zu entwenden, um diese Flucht finanzieren zu konnen. Luises ersten Einwand, sie konne ihrem Vater das nicht antun, weist Ferdinand zuruck. Der alte Miller soll eben mitkommen.


Luise macht aber noch weitere Einwande geltend. Und der Fluch deines Vaters uns nach ein Fluch der uns Fluchtlinge, unbarmherzig wie ein Gespenst, von Meer zu Meer jagen wurde Luise ist im Gegensatz zu Ferdinand dazu bereit, die sozialen Konventionen und die standische Ordnung als letztlich gottgewollte Weltordnung anzuerkennen und sich dieser zu unterwerfen dein


Herz gehort deinem Stande Mein Anspruch war Kirchenraub. Sie will einem Bundnis entsagen, das die Fugen der Burgerwelt auseinandertreiben, und die allgemeine ewige Ordnung zugrund sturzen wurde. Wahrend sich Ferdinands Aggression mach auen wendet, gegen eine in seinen Augen ungerechte und vor allem herzlose


Gesellschaft, die standische Strukturen uber die viel beschworene Stimme des Herzens stellt, richtet sich Luises Aggression gegen sich selbst. Ich bin die Verbrecherin, sagt sie, und ihr Ungluck empfindet sie als letztlich gerechte Strafe. Ferdinand von Walter fuhlt wohl den Riss, der nun seine Beziehung zu Luise zu zerstoren droht. In der Regieanweisung setzt


Schiller deutliche Zeichen Ferdinand hat in der Zerstreuung und Wut eine Violine ergriffen und auf derselben zu spielen versucht Jetzt zerreit er die Saiten, zerschmettert das Instrument auf dem Boden und bricht in ein lautes Gelachter aus. Die zerschlagene Violine wird zum Symbol der zerstorten Harmonie zwischen


Luise und Ferdinand. Am Schluss der Szene setzt Schiller hier wieder einmal ein Meister psychologischer Kausalitat einen Akzent, den er uberzeugend vorbereitet hat und der gleichzeitig die Voraussetzung dafur schafft, dass Ferdinand im vierten Akt so leichtglaubig auf die Intrige des Prasidenten hereinfallt. Ferdinand verdachtigt Luise der Untreue Schlange, du lugst


Kalte Pflicht gegen feurige Liebe Und mich soll das Marchen blenden Ein Liebhaber fesselt dich, und Weh uber dich und ihn, wenn mein Verdacht sich bestatigt. 5. und 6. Szene Der erfolgreiche Intrigant Ferdinand geht schnell ab, Luise bleibt allein zuruck ein kurzer Monolog, dann betritt Sekretar Wurm das Zimmer. Wurms


Intrige siehe III1 scheint zu glucken. Aus Angst um den geliebten Vater ist Luise bereit, den folgenreichen Liebesbrief an Hofmarschall von Kalb zu schreiben. 4.AKT1 5. Szene Der Brief ist angekommen, der Held wutet Schiller beschleunigt nun den Ablauf, indem er einen Zeitsprung macht. Luises verhangnisvoller


Brief ist in die richtigen Hande gekommen Ferdinand allein, den Brief durchfliegend, bald erstarrend, bald wutend herumsturzend so die Regieanweisung. Ferdinand von Walter fuhlt sich in dem Verdacht, den er gegen Luise bereits in der 4.Szene des 3.Akts hegte, bestatigt. Durch einen groen Monolog bringt Schiller Ferdinands


Gefuhlszustand und das Bild, das er jetzt von Luise hat, zur Sprache. Es ist das Bild einer berechnenden Heuchlerin, die Liebe, Leidenschaft, Angst vor Entdeckung usw. meisterhaft zu spielen wei, die Zeichen wie Tranen, Erroten und ohmachtiges Niedersinken virtuos setzen kann und deren Herz an nichts anderem hangt als an der eitlen Lust des


Geschlechterspiels. In seiner verzweifelten Wut sucht Ferdinand die Begegnung mit seinem vermeintlichen Konkurrenten. Nach einem hitzig gefuhrten Dialog setzt er Hofmarschall von Kalb die Pistole an die Schlafe. Er soll gestehen, wie weit er bei Luise gekommen ist. In seiner Todesangst verrat von


Kalb, dass Ferdinand vom eigene Vater betrogen worden ist, Wahrheitsgema bekennt der Hofmarschall, dass er Luise noch nie gesehen hat. Aber Ferdinand will die Wahrheit nicht glauben. Er stot von Kalb aus dem Zimmer und fasst nun den Entschluss zu Mord und Selbstmord, zu dem er sich berechtigt fuhlt, weil diese


Liebe fur ihn alles war. Das Madchen ist mein Ich einst ihr Gott, jetzt ihr Teufel Die grauenhafte Vision einer Vermahlung in der Holle kommt ihm in den Sinn Regieanweisung Die Augen gra in einen Winkel geworfen Eine Ewigkeit mit ihr auf ein Rad der Verdammnis geflochten Augen in Augen wurzelnd


Haare zu Berge stehend gegen Haare Auch unser hohles Wimmern in eins geschmolzen Und jetzt zu wiederholen meine Zartlichkeiten, und jetzt ihr vorzusingen ihre Schwure- Gott Gott Die Vermahlung ist furchterlich aber ewig 6 10. Szene Schrecklich harmonisches Fuhlen Luise Miller begegnet


Lady Milford Bevor Schiller den Haupthandlungsstrang weiterfuhrt, fugt er noch zwei Szenen ein, in denen er Luise Miller mit Lady Milford konfrontiert. Die Lady hat Luise unter dem Vorwand, sie als Zofe anzustellen, zu sich kommen lassen. Sie sieht dieser Begegnung mit gespaltenen Gefuhlen entgegen. Einerseits will sie die Frau kennen lernen, die von dem


Mann so heftig geliebt wird, der sie selbst zuruckweist. Andererseits furchtet sie diese Begegnung, denn sie wei, dass sie keine gute Ausgangsposition hat. Die Ermutigung des Kammermadchens Sophie, sich doch an Herkunft, Rang und Macht zu erinnern, tut sie mit Recht als Geschwatz einer Narrin ab, denn alle diese


Vorzuge machen den wesentlichen Nachteil nicht wett den Nachteil, die ungeliebte Frau zu sein. Luise Miller betritt das Zimmer. Der Dialog wird zum Machtkampf. Lady Milford tut anfangs so, als wurde sie sich nur mit Muhe an den Namen ihrer Besucherin erinnern und spricht explizit von der armen Geigerstochter. Luises Selbstachtung wird durch diese


Redestrategie nicht beeintrachtigt. Schon in Schillers Regieanweisungen zu Luises Sprech-verhalten ist immer wieder der ungebrochene Stolz spurbar, den er seiner Protagonistin wunscht gro, mit entschiednem Ton, gelassen und edel fein und scharf ihr in die Augen sehend, standhaft. Zur Uberlegenheit der geliebten Frau kommt bei Luise auch noch das burgerliche


Selbstbewusstsein, das sich auf die Gewissheit moralischer Uberlegenheit stutzt. Als Lady Milford ihr die Stelle des Kammermadchens in Aussicht stellt und gleichzeitig meint, nur so konne Luise Manieren und Welt lernen und sich ihrer burgerlichen Vorurteile entledigen, entgegnet Luise Auch meiner burgerlichen


Unschuld, Mylady Ohne Furcht vor moglichen Konsequenzen weist Luise das Angebot zuruck. Unter anderem begrundet sie dies damit, dass es fur Lady Milford wohl unertraglich sein musse, ein Beispiel weiblicher Unschuld um sich zu haben, wenn sie selbst gerade auf dem Wege zu ihrem Vergnugen sei oder von dort zuruckkomme.


Lady Milford hat erhebliche Probleme mit Luises souveranem Auftreten. Sie wird von unterschiedlichen und durchaus gegensatzlichen Gefuhlen beherrscht. Augenblicke der verstandnisvollen Zuwendung zu einer jungen Frau, die ahnlich fuhlt wie sie selbst, wechseln mit Phasen, in denen sie wirkungslos die Uberlegenheit des


Standes hervorkehren will und letztlich wird sie in ihren dustersten Minuten zur todlich gekrankten Frau, die ihre Machtmittel fur eine furchterliche Rache missbrauchen will. Felsen und Abgrunde will ich zwischen euch werfen eine Furie will ich mitten durch euren Himmel gehen Ich kann nicht mit ihm glucklich werden aber du sollst es auch nicht werden Wisse das, Elende Seligkeit zerstoren ist auch


Seligkeit. Luise reagiert gelassen Sie sind nicht fahig ein Geschopf zu qualen, das Ihnen nichts zuleide getan hat, als da es empfunden hat wie Sie. Und mit dem gromutig-verzeihendem Gestus der unbedingten Siegerin fugt sie hinzu Aber ich liebe Sie um dieser Wallung willen, Mylady. Am Schluss des 4.Akts will


Lady Milford mit ihren Brillanten Luise dazu bewegen, auf Ferdinand von Walter zu verzichten. Luise wird verzichten, aber freiwillig. Geld und Schmuck haben keine Bedeutung mehr fur sie. Am Schluss der Szene greift Luise ein Bild auf, das Lady Milford soeben noch verwendet hat. mein Name soll eure


Kusse, wie ein Gespenst Verbrecher auseinanderscheuchen deine junge bluhende Gestalt unter seiner Umarmung welk wie eine Mumie zusammenfallen, sagte die Lady in einem Anfall rasender Eifersucht. Von einem Gespenst spricht jetzt auch Luise Jetzt ist er Ihnen Jetzt, Mylady, nehmen sie ihn hin Rennen Sie in seine


Arme Reien Sie ihn zum Altar Nur vergessen Sie nicht, da zwischen Ihren Brautku das Gespenst einer Selbstmorderin sturzen wird. Fur Lady Milford wird dieses Gesprach zum entscheidenden Wendepunkt. Sie entschliet sich, ihre Beziehung zum Herzog zu losen und das Land zu verlassen. 5.AKT1 8.Szene


Durchwegs starke Abgange Luise ist nach wie vor zum Selbstmord entschlossen. Der Tod lost sie auch von der Verpflichtung, den Schwur einzuhalten, den sie Wurm geleistet hat. Sie schreibt einen klarenden Brief an Ferdinand, vertraut sich aber ihrem Vater an, und Miller ist naturlich nicht bereit, dem geplanten


Freitod seiner Tochter einfach zuzuschauen. Hin- und hergerissen zwischen ihrer ungluckseligen Liebe zu Ferdinand und der Liebe zum Vater entscheidet sie sich letztlich dazu, Millers verzweifeltem Drangen nachzugeben. Sie zerreit den Brief und will gemeinsam mit dem Vater die Stadt verlassen. Da kommt Ferdinand von Walter und konfrontiert Luise mit ihrem


Brief an den Hofmarschall. Luise fuhlt sich durch ihren Eid gebunden und bestatigt Ferdinand, dass sie den Brief geschrieben habe. Ferdinand ist dazu entschlossen Luise und sich selbst zu ermorden. Er lasst sich eine Limonade zubereiten, schickt den alten Miller mit einer


Botschaft an den Prasidenten weg und ist nun mit Luise allein. In einem unbeobachteten Augenblick schuttet er Gift in die Limonade, trinkt selbst davon und veranlasst auch Luise die Limonade zu kosten. Du wirst nicht aus dem Zimmer gehen, sagt Ferdinand und Luise wird schlagartig klar, dass sie sterben wird.


Nun, angesichts des unausweichlichen Todes, fuhlt sie sich nicht mehr an den Eid gebunden. Ferdinand muss erfahren, dass er eine Unschuldige getotet hat. Luise ist bereits gestorben, als Miller mit dem Prasidenten zuruckkommt. Ferdinand konfrontiert seinen Vater mit den Folgen seiner Kabalen. Weide dich an der entsetzlichen


Frucht deines Witzes, auf dieses Gesicht ist mit Verzerrungen dein Name geschrieben, und die Wurgengel werden ihn lesen Eine Gestalt wie diese Anm. Luise ziehe den Vorhang von deinem Bette, wenn du schlafst, und gebe dir ihre eiskalte Hand Eine Gestalt wie diese stehe vor deiner Seele, wenn du stirbst, und drange dein letztes


Gebet weg Der Prasident will die Schuld auf Wurm uberwalzen, aber der wei sich zu wehren. Nun wird er tun, was Ferdinand einmal angedroht hat, namlich der Residenz eine Geschichte erzahlen, wie man Prasident wird. So ist am Ende alles zerstort. Den sterbenden Ferdinand fleht der Prasident noch um einen verzeihenden Blick an. Ferdinand reicht ihm tatsachlich seine sterbende


Hand. Der Prasident liefert sich den Gerichtsdienern aus. 2. ENTSTEHUNGSUMSTANDE 2.1. Historisch-biographischer Kontext Das Furstentum Wurttemberg wurde wahrend der Regierungszeit des Herzogs Karl Eugen 1745-1793 zum typischen Beispiel absolutistischer Machtausubung und eines damit verbundenen


Reprasentationsstils. Der Hofstaat des Herzogs umfasste etwa 2000 Personen. Ging der Herzog auf Reisen, begleiteten ihn 700 Personen und 600 Pferde. Groe Festveranstaltungen der Aristokratie verschlangen bis zu 400 000 Gulden. Bei der Geldbeschaffung war Karl Eugen nicht skrupulos. Seit dem


Siebenjahrigen Krieg war es in Deutschland nicht ungewohnlich, junge Manner als freiwillige Soldaten an auslandische Herrscher zu verleihen oder zu verkaufen. In der Kammerdiener-Szene von Kabale und Liebe thematisiert Schiller diese menschenverachtende Politik der Geldbeschaffung. Im Jahr 1776 versuchte auch der Herzog von Wurttemberg 3000


Soldaten an England zu liefern, damit sie im amerikanischen Unabhangigkeitskrieg gegen die aufstandischen Kolonien eingesetzt werden konnen. Aus dem Handel wurde allerdings nichts, weil Wurttemberg mittlerweile schon so verarmt war, dass es nicht im Stande war, die 3000 Mann angemessen auszurusten. Auch das Matressenwesen, das in Kabale und Liebe dargestellt wird, konnte man am wurttembergischen


Hof eingehend studieren. Herzog Karl Eugens Favoritin war zunachst die Venezianierin Katharina Bonafini, die 1771 dem Herzog einen Knaben gebar und daraufhin an einen Rittmeister von Poeltzig verheiratet wurde. Seit etwa 1780 war Franziska von Leutrum, Reichsgrafin von Hohenheim, die Matresse des


Herzogs, der nebenbei auch verheiratet war. Man sagt Franziska von Leutrum einen gunstigen Einfluss auf Karl Eugen nach. Sie soll das Vorbild fur die Gestaltung der Lady Milford gewesen sein. Der 1759 in Marbach Wurttemberg geborene Friedrich Schiller verspurte schon als Jugendlicher die


Folgen absolutistischer Herrschaft und schrankenloser furstlicher Machtpolitik. Auf Befehl des Herzogs Karl Eugen musste er 1773 die Ludwigsburger Lateinschule verlassen und auf der herzoglichen Militarakademie zunachst Jura, dann Medizin studieren. 1780 schloss er das Studium ab und wurde Regimentsarzt.


Seine heftige Abneigung gegen die Willkur des gesellschaftlichen Establishments zeigte sich schon in Schillers erstem Drama Die Rauber. Die Hauptfigur Karl Moor ist ja nicht nur mit seinem Vater zerstritten, sondern generell von der ihn umgebenden Gesellschaft angewidert. Als Schiller 1782 heimlich nach


Mannheim reiste, um bei der Auffuhrung der Rauber dabei sein zu konnen, beantwortete der Herzog diese unerlaubte Reise mit generellem Schreibverbot, worauf Schiller uber Mannheim nach Thuringen floh. Er versuchte nun als freier Schriftsteller zu leben, schrieb zunachst sein zweites, nicht sonderlich erfolgreiches Stuck Die Verschworung des Fiesco zu Genua UA 1783 und kurze


Zeit spater Kabale und Liebe 1784, ursprunglicher Titel Luise Millerin. 2.2. Direkte literarische Einflusse Handlungsfuhrung und Figurenzeichnung von Kabale und Liebe sind zu einem nicht unerheblichen Teil an Vorbildern orientiert, die literarasthetisch deutlich schwacher sind als Schillers Stuck, die aber nicht unerwahnt bleiben sollen.


Zunachst ist hier Heinrich Leopold Wagners Drama Die Reue nach der Tat 1775 zu erwahnen, das Schiller nachweislich kannte. Der Handlungsverlauf von Kabale und Liebe hat deutliche Ahnlichkeiten mit diesem Stuck. Die Hauptfigur Ferdinand von Walter wiederum hat ein Vorbild in Julius von Tarent 1776 von


Johann Anton Leisewitz. Ahnlichkeiten in der Personenkonstellation und im Hinblick auf einige Handlungselemente ergeben sich auch mit dem ruhrseligen Schauspiel Der deutsche Hausvater von Otto von Gemmingen und mit dem Unterhaltungsroman Sigwart 1776 von Johann Martin Miller. In allen diesen Werken ist das Spannungsfeld Adel-


Burgertum handlungspragend. Als hochwertiges literarisches Vorbild muss naturlich Gotthold Ephraim Lessings Emilia Galotti genannt werden. Bis in einzelne Formulierungen hinein kann man den Einfluss Lessings auf Schillers Drama nachweisen. Lessing war es ja zu verdanken, dass das in England beheimatete Burgerliche Trauerspiel auch in der deutschen


Buhnenliteratur ihren Platz fand. 2.3. Zum Genre Burgerliches Trauerspiel Die Tragodie des 17. und fruhen 18.Jahrhunderts zeigte im Mittelpunkt der Handlung stets eine Hauptfigur, die der Aristokratie angehorte. Tragische Schicksale - so scheint es - konnten nur Angehorige des ersten Standes haben, wahrend die Schicksale niederer


Standespersonen, also der Burger und Bauern, als unerheblich galten. Burger und Bauern taugten als komische Figuren. Die lacherlichen Buhnenhelden des franzosischen Komodiendichters Moliere, vom eingebildeten Kranken bis zu Tartuffe, waren Burger, und die komische Figur der Volkskomodie war ein Bauer. England war das erste


Land in Europa, in dem dieses vorwiegend ungeschriebene, teilweise aber auch geschriebene Gesetz seine Gultigkeit verlor. Dafur gibt es uberzeugende sozialgeschichtliche Erklarungen. Englands wirtschaftliche Entwicklung verlief aus unterschiedlichen Grunden rascher als die des Kontinents. Handel und Gewerbe wurden schon bald zum wesentlichen wirtschaftlichen


Faktor, und die industrielle Produktionsweise setzte nirgendwo so fruh ein wie auf der Insel. Parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung vollzog sich daher die soziale Strukturveranderung. Das wirtschaftstreibende Burgertum wurde neben dem Adel immer mehr zur herrschenden gesellschaftlichen Klasse, die Stadte wurden neben den Furstenhofen zu kulturellen


Zentren, und das Burgertum fand nach und nach zu eigenstandigen kunstlerischen Ausdrucksweisen. Diesen Umstanden verdankt das Burgerliche Trauerspiel seine Entstehung. Als Beispiel fur diese Art von Dramatik soll hier kurz das Stuck GEORGE BARNWELL OR THE MERCHANT OF LONDON erwahnt werden, das ein Juwelier namens


George Lillo geschrieben hat und das in London im Jahr 1731 seine erste Auffuhrung erlebte. George Barnwell ist ein junger, bislang unbescholtener Mann aus burgerlichem Haus, der auf die sprichwortliche schiefe Bahn gerat, weil er einer verruchten Frau namens Millwood verfallen ist. Um ihre Zuneigung und Leidenschaft zu erkaufen, lat er sich auf allerlei


Unredlichkeiten ein. Als selbst die auf diese Weise erworbenen finanziellen Mittel nicht ausreichen, um die Luxusbedurfnisse der niedertrachtigen Millwood zu befriedigen, scheut George Barnwell nicht einmal vor dem Mord zuruck. Das Opfer dieser Tat ist ein Onkel, der sterbend noch ein Gebet fur den miratenen Neffen spricht. Der junge Barnwell wird von der


Polizei gefat und stirbt am Galgen, aber die hexenahnliche Millwood entgeht letztlich auch nicht der verdienten Strafe, soda das emporte Publikum doch noch zufrieden den Heimweg antreten kann. Diese Art des Theaters, fur das GEORGE BARNWELL steht, erfreute sich in England groer


Beliebtheit und erweckte aufgrund des Erfolgs nach und nach auch das Interesse des Kontinents. In Frankreich bemuhte sich zum Beispiel der vorwiegend als Philosoph und Enzyklopadist bekannte Denis Diderot um das burgerliche Drama und schuf selbst zwei Stucke dieser Art, DER NATURLICHE SOHN Le fils naturel,1757 und


DER FAMILIENVATER Le pere de famille, 1758. Und Pierre Augustin Caron, besser bekannt unter dem Namen Beaumarchais, schuf mit seinem Figaro eine burgerliche Komodienfigur, die fur selbstbewute franzosische Burger durchaus ein Identifikationsangebot war. Die Burger der deutschen Stadte hatten zwar weder im okonomischen und politischen noch im kulturellen


Bereich den Entwicklungsstand der englischen Standesgenossen erreicht, aber selbst in Deutschland entstand im 18.Jahrhundert ein eigenstandiges burgerliches Drama. Den Ansto dafur gab Gotthold Ephraim Lessing. Lessing sah 1754 in Hamburg die deutsche Erstauffuhrung des oben erwahnten Stucks GOERGE BARNWELL, und er ging sofort daran, ein deutsches


Trauerspiel dieser Art zu schreiben. Schon ein Jahr spater, am 10.7.1755, wurde in Frankfurt an der Oder das Trauerspiel MISS SARA SAMPSON uraufgefuhrt. Die tragische Hauptfigur des Stucks ist ein Madchen aus dem Burgertum, das den Verfuhrungskunsten des Aristokraten Mellefont nicht widerstehen kann. Er hat sie dazu gebracht, mit ihm in einem


Provinzgasthof abzusteigen. Sara erhofft sich eine standige Bindung, Mellefont halt sie hin, indem er auf eine Erbschaftsklausel verweist. Wahrend Sara und Mellefont im Provinzgasthof ihren Leidenschaften fronen, hat aber Marwood, Mellefonts ehemalige Geliebte, mit der er auch ein


Kind hat, William Sampson, Saras Vater, uber die Situation aufgeklart. Beide, die Marwood und William Sampson, reisen unabhangig voneinander in die Provinz. Marwood will Mellefont zuruckgewinnen. Sampson will, da die Verbindung zwischen Sara und Mellefont legalisiert wird. Beider Vorhaben wird vereitelt. Als Mellefont Marwood zuruckweist, vergiftet die todlich beleidigte


Frau ihre Nebenbuhlerin. Als Vater Sampson eintrifft, liegt seine Tochter bereits im Sterben. Angesichts des Unglucks, das er verschuldet hat, ersticht sich Mellefont neben Saras Leiche. MISS SARA SAMPSON war ein enormer Publikumserfolg. Berichte uber die Urauffuhrung geben Auskunft uber herzzerreiende Szenen im Zuschauerraum.


Die Menschen sollen in Tranen ausgebrochen und Wildfremde sollen einander in die Arme gesunken sein. Diese starke emotionale Wirkung ist wohl nur dadurch zu erklaren, da Lessing in seinem Drama Probleme angesprochen hat, die den Menschen aus ihrem eigenen Erfahrungsbereich gelaufig waren. Solch ein Problem der Zeit war wohl die Verfuhrung naiver


Burgermadchen durch Aristokraten. Es ist sicher kein Zufall, da dieses Motiv in mehreren deutschen Dramen des 18.Jahrhunderts handlungstragend geworden ist, so zum Beispiel in Heinrich Leopold Wagners KINDERMORDERIN, in Jakob Michael Reinhold Lenz SOLDATEN, in Friedrich Schillers KABALE UND LIEBE und naturlich auch in Goethes


CLAVIGO und im FAUST. Auch Lessing selbst hat die Handlungsstruktur des burgerlichen Trauerspiels noch einmal zur Grundlage eines Buhnenstucks gemacht. Bereits im Jahre 1757 wollte er die altromische Geschichte der Virginia als modernes burgerliches Trauerspiel bearbeiten. Sein Vorhaben wurde vorlaufig vereitelt, als das von ihm gefuhrte


Deutsche Nationaltheater in Hamburg, das als Novitat, namlich als offentliches burgerliches Theater, gegrundet worden war, schon nach drei Jahren nicht mehr finanzierbar war. Lessing mute nun einen Brotberuf annehmen und wurde Bibliothekar beim Herzog in Braunschweig. Der Plan, die Virginia-Sage zu modernisieren, mute unter diesen ungunstigen


Bedingungen aufgeschoben werden. Erst funfzehn Jahre spater, am 13.3.1772, erlebte Lessings burgerliches Trauerspiel EMILIA GALOTTI in Braunschweig seine Urauffuhrung. Ahnlich wie in MISS SARA SAMPSON ist auch in EMILIA GALOTTI ein Madchen aus gutburgerlicher Familie die tragische Hauptfigur. Emilia ist die tugendreiche


Tochter des Obersten Galotti. Ihr Verhangnis ist, da Prinz Gonzaga leidenschaftlich in sie verliebt ist. Gonzaga ist kein Tyrann, kein zynischer Herrscher, der vorsatzlich seine Macht mibraucht. Lessing zeigt ihn eher als Schwarmer, der sich nicht dessen bewut ist, da Schwarmereien und Leidenschaften, die ein Furst hat, ungleich schwerwiegendere


Auswirkungen haben konnen als die anderer Menschen. Wie ein Kind will er das Objekt seiner Begierde unbedingt fur sich haben. Als er von seinem Kammerherrn Marinelli erfahrt, da Emilia bereits versprochen ist, da sie demnachst den Grafen Appiani heiraten soll, fuhlt er sich zutiefst verletzt und schreckt in dieser


Stimmung nicht davor zuruck, Marinelli freie Hand zu geben, die Verbindung zwischen Emilia und Appiani zu verhindern. Marinelli versucht zuerst, einen Aufschub der Hochzeit zu erreichen, indem er Appiani eine diplomatische Mission des Prinzen in Aussicht stellt. Als Appiani darauf nicht eingeht, schreckt Marinelli nicht davor zuruck, die


Kutsche, in der Emilia und ihr kunftiger Mann reisen, von Banditen uberfallen zu lassen. Appiani wird bei diesem Uberfall erschossen, Emilia entfuhrt und nach Dosalo, auf das Lustschlo des Prinzen, gebracht. Dort kommt es zur eigentlichen Tragodie. Zunachst erscheint die eifersuchtige Orsina, die ehemalige


Matresse des Prinzen, die Lessing als zutiefst enttauschte Frau gezeichnet hat. Dann erscheint Odoardo Galotti, der Vater. Emilia gesteht ihm ihre Angst, der Verfuhrung des Prinzen zu erliegen, und fordert den Vater daher auf, sie zu toten, damit sie vor Schande bewahrt wird.



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